Das systemische NLP Lexikon von WildWechsel– für Coaches, Trainer*innen und alle, die NLP fundiert anwenden wollen
Augen-Zugangshinweise (engl. Eye Accessing Cues) bezeichnen im NLP die unbewussten Augenbewegungen eines Menschen während er denkt, erinnert oder sich etwas vorstellt. Die Richtung der Augenbewegung kann Rückschlüsse darauf geben, welche inneren Repräsentationskanäle gerade aktiviert sind – z. B. visuell, auditiv oder kinästhetisch.
Im NLP werden Augenbewegungen als Hinweis darauf genutzt, wie jemand Informationen verarbeitet – also ob er sich etwas vorstellt, erinnert oder innerlich kommentiert.
Diese Hinweise sind besonders hilfreich z. B. im Coaching, Training oder Verkauf, um Menschen gezielt durch ihre inneren Repräsentationen zu führen und die richtigen Fragen im passenden Sinneskanal zu stellen.
Typische Beobachtungen (bei normal orientierten Rechtshändern, frontal betrachtet):
Augen oben links → erinnert visuelle Bilder
Augen oben rechts → konstruierte Bilder (z. B. Fantasie)
Augen seitlich links → erinnerte Geräusche
Augen seitlich rechts → konstruierte Geräusche
Augen nach unten links → innerer Dialog
Augen nach unten rechts → Körperempfindungen / Gefühle
Hinweis: Bei Linkshänder*innen oder neurodivergenten Menschen können die Muster abweichen – daher ist immer individuelle Kalibrierung wichtig!
Eine Kundin steht in einem Einrichtungshaus und überlegt, ob sie ein bestimmtes Sofa kaufen soll. Der Verkäufer zeigt ihr verschiedene Stoffmuster und fragt: „Wie würde das in deinem Wohnzimmer aussehen?“
Während die Kundin überlegt, wandern ihre Augen deutlich nach oben rechts.
Der Verkäufer erkennt: Sie konstruiert gerade ein inneres Bild – wahrscheinlich stellt sie sich vor, wie das Sofa in ihrem Raum wirkt. Anstatt weiter mit technischen Daten zu argumentieren, sagt er: „Wenn du’s dir vorstellst – steht es eher an der Fensterwand oder gegenüber?“
Die Kundin lächelt, wird lebendiger und sagt: „Ich glaub, es passt besser ans Fenster – da ist das Licht schöner.“ Der Verkäufer nutzt die Augenbewegung als Hinweis auf den Denkprozess – und begleitet die Kundin in ihrem inneren Film, statt ihn zu unterbrechen.
So entsteht Verbindung, Vertrauen – und letztlich oft auch ein Abschluss, weil sich die Entscheidung gefühlt richtiganfühlt.
Die NLP-Theorie zu Augen-Zugangshinweisen wurde in den 1970er Jahren entwickelt und vielfach diskutiert – teils mit großen Erwartungen, teils mit Kritik.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien konnten keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen bestimmten Augenbewegungen und kognitiven Prozessen wie „Lüge vs. Wahrheit“ oder „Erinnern vs. Konstruieren“ nachweisen. Ein häufiger Fehlschluss:
👉 „Wenn jemand nach oben rechts schaut, lügt er.“
Auch wenn jemand gerade ein inneres Bild konstruiert, wissen wir nicht, welches Bild: Überlegt er gerade die Konsequenz, wenn er die Wahrheit sagt oder denkt er sich eine Lüge aus? Deswegen ist ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Augen-Zugangs-Hinweisen und innerem Erleben nicht möglich. Vielmehr geben Augen-Zugangs-Hinweise eben genau das – Hinweise – und keine Beweise.
Warum sie trotzdem nützlich sind:
In der systemisch-nlp-basierten Praxis geht es um Erlebensstrukturen.
Augenbewegungen können Hinweise geben auf:
das bevorzugte Repräsentationssystem einer Person
den Zugang zu bestimmten inneren Zuständen oder Erinnerungen
Diese Hinweise sind keine Diagnostik-Tools, sondern Angebote zur Beobachtung und Kalibrierung – also: „Was zeigt sich im Hier und Jetzt – bei genau diesem Menschen – in genau dieser Situation?“
Systemisch betrachtet verfehlt der Anspruch, „Menschen lesen“ zu wollen, ohnehin den Punkt:
Entscheidend ist nicht, was im Kopf des Gegenübers passiert – sondern, wie Beziehung gestaltet wird. Augenbewegungen können dabei Fenster sein – keine Beweise.
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